Wer in den Augen Jesu selig ist

Lukas berichtet von Seligpreisungen und Weherufen Jesu. Gedanken dazu von Unipfarrer Jakob Bürgler findest du hier.

6. Sonntag im Jahreskreis

16. Februar 2025

 

Wir kennen die Szene. Viele Menschen kommen zu Jesus. Und Jesus spricht zu ihnen. Er öffnet ihnen den Blick für seine Frohe Botschaft. „Selig seid ihr.“ Jesus will, dass die Menschen selig sind, glücklich. Er will, dass das Leben gelingt. Anders als beim Evangelisten Matthäus erzählt Lukas nicht davon, dass Jesus die Rede am Berg hält, also eine „Bergpredigt“, sondern, dass er vom Berg hinab in die Ebene steigt. Und dort beginnt er dann zu reden. Jesus hält also eine „Feldrede“. Und es gibt noch zwei Unterschiede. Lukas betont, dass Jesus, bevor er zu reden beginnt, seine Augen auf die Jünger richtet. Und es gibt bei ihm neben den Seligpreisungen auch noch die Weherufe. Die kommen bei Matthäus nicht vor. Bei diesen beiden Besonderheiten möchte ich heute ein wenig innehalten.

Zuerst beim Blick Jesu. „Jesus richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte…“ (Lk 6,20). Jesus schaut die Jünger an. Er schaut ihnen in die Augen. Er will ihnen ganz persönlich etwas sagen. Er gibt nicht nur eine allgemein gültige Weisheit von sich. Er macht nicht nur einen frommen Aufruf an alle. Er gibt nicht nur Normen und Gesetze vor. Er schaut die Jünger an, er schaut ihnen in die Augen – und meint sie, ganz persönlich. Selig ihr Armen. Selig, die ihr jetzt hungert. Selig, die ihr jetzt weint.

Und heute? Jesus schaut dich und mich an. Direkt. Persönlich. Er meint dich und mich. Er will dir und mir etwas sagen und mitgeben. Selig bist du, wenn du auf Gott vertraust. Auf Gott zu vertrauen ist nicht eine Dummheit oder ein Zeichen von Schwäche. Nein, es ist ein Grund, dich glücklich, selig, zu nennen. Denn Gott wird dich in diesem Leben stärken und einmal die Not wandeln. Er wird das füllen, was du selber in dir nicht zu füllen vermagst, was als Not und Leere in dir ist, was dich plagt und niederdrückt, was dich ängstigt oder traurig macht. Gott will, dass du glücklich bist. Also: Jesus schaut den Jüngern in die Augen, und meint sie ganz persönlich. Damals wie heute.

Und dann kommt bei Lukas recht ausführlich das Thema „Armut“ und „Reichtum“ zur Sprache. Als Seligpreisung und als Weheruf. Auch dabei möchte ich ein wenig verweilen. „Selig, ihr Armen…“ (Lk 6,20) „Doch weh euch, ihr Reichen…“ (Lk 6,24) „Wenn wir von Armut sprechen, sind wir schnell dabei, den Anspruch Jesu zu entschärfen, etwa, indem wir sie spiritualisieren: Es komme auf die innere Armut an, auf die Armut im Geiste. … Jesus hat nicht nur von Armut gesprochen, er hat selbst arm gelebt. Er ist ein Sohn armer Leute. Er ist dem Stall näher gewesen als dem Palast. … Jesus ist Arm und Reich gegenüber nicht neutral gewesen. … Er hat niemanden von seiner Liebe ausgeschlossen, aber die Armen standen ihm besonders nahe.“[1]

Was lässt sich davon ableiten? Zuerst im ganz persönlichen Bereich: Wer Jesus nachfolgt, ist aufgefordert, einfach zu leben, bescheiden. Nicht alles, was man haben kann, auszureizen. Und das in allen Bereichen: Beim Essen, bei den Hobbies, beim Besitz, in allem, wie ich mein Leben führe. Immer eine Grenze des Reichtums zu wahren, die mich in der Nähe von Menschen hält, die ärmer sind als ich.

„Wenn das ‚Haben‘ zum Ziel des Lebens wird, dann meint der Mensch schließlich, er sei umso mehr, je mehr er hat. Also setzt er alles daran, mehr zu haben. Seine Sehnsucht nach Leben pervertiert … zur Habsucht. Er ist ganz gefangen von Dingen, er besitzt sie nicht nur, er ist davon besessen. Da kippt auf einmal etwas um: Der Mensch hat nicht mehr die Dinge, die Dinge haben ihn. Er hat nicht mehr Geld, das Geld hat ihn. Er besitzt nicht mehr, sondern ist besessen.“[2] Bescheiden leben.

Und es gibt auch die gesellschaftspolitische Dimension. „Das Wort für Arme, das Lukas verwendet, bedeutet: die sich Duckenden, die sich Verbergenden. In Palästina lebten viele geduckt, unter dem Existenzminimum. … Ihnen spricht Jesus die Königsherrschaft zu. … Den sich Duckenden, den Unsichtbaren verleiht Gott selbst Ansehen.“[3] Diejenigen, die es schwer haben, verdienen unseren Blick, einen auf-richtenden und positiven Blick. Und das ist sehr aktuell – auch bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung.

Besonders irritierend sind für mich die Nachrichten aus den USA. Eine Gruppe Superreicher grenzt auf allen Linien Bedürftige aus. Und das mit dem Anspruch, als Christen zu handeln. Da ist unser Papst sehr eindeutig: „Was auf Grundlage von Gewalt und nicht auf der Wahrheit über die gleiche Würde jedes Menschen aufgebaut wird, beginnt schlimm und wird schlimm enden.“ Es geht um Liebe im christlichen Sinn, „die eine ausnahmslos für alle offene Geschwisterlichkeit aufbaut.“ Also: Christlich geht anders.

Zwei kleine Fragen zum Nachdenken zum Schluss: Versuche ich, bescheiden zu leben? Und: Kenne ich einen armen Menschen mit seinem Namen? Lasse ich mich von ihm berühren?

Jakob Bürgler

 

[1] Franz Kamphaus, Den Armen eine frohe Botschaft bringen. Patmos 2024, 147-148.

[2] Ebd. 149.

[3] Dorothee Sandherr-Klemp, Selig, ihr Armen. Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Februar 2019, 181.

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Datum: 15.02.2025

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