Was wir heute nicht mehr haben

Beim Patrozinium der Pfarre Dreiheiligen (Fest des heiligen Sebastian) hat Unipfarrer Jakob Bürgler den Wein von Kana verglichen mit Dingen, die heute fehlen. Zugleich hat er ein Profil für den pastoralen Einsatz heute entworfen. Hier findest du seine Gedanken.

2. Sonntag im Jahreskreis

19. Jänner 2025

Patrozinium Dreiheiligen „Hl. Sebastian“

 

Was ist das Wichtigste im heutigen Sonntagsevangelium? Um was geht es? Was ist das Zentrum? Die schnelle Antwort: Der  Wein. Es geht um den Wein. Jesus rettet das Fest und versorgt alle mit bestem Wein.

Dem Kirchenvater Hieronymus soll ein Spötter einmal vorgerechnet haben, dass Jesus auf der Hochzeit zu Kana eine Unmenge Wasser in besten Wein verwandelt habe, über 600 Liter. Und das, obwohl die Leute ja schon ziemlich getrunken hatten. Und er habe den Hieronymus dann gefragt, ob die Leute wohl den ganzen Wein ausgetrunken hätten. Die Antwort des Hieronymus: „Nein, wir trinken bis heute noch davon.“

Nein, wir trinken bis heute noch davon. Das ist es eigentlich, um was es geht. Was das Wesentliche ist. Was den Mittelpunkt bildet. Nicht der Wein ist es. Nicht die Menge des Weins. Auch nicht der Rausch. Im Mittelpunkt steht die Wandlung, und die Wandlung ist bis heute wirksam.

Wo brauchen wir Wandlung? „Sie haben keinen Wein mehr“, sagt Maria zu Jesus, und sie weist damit auf das Problem hin. Was würde Maria heute sagen? Wo brauchen wir Wandlung?

„Sie haben keine Freude mehr.“ Das ist wirklich ein großes Problem unserer Zeit, unserer Gesellschaft. So viele sind bedrückt, depressiv, hoffnungslos. Das Leben kann noch so ereignisreich und bunt sein, so vieles bieten, so abgesichert und nach außen schön sein: Im Inneren von vielen Menschen tun sich Gräben auf, und das Leben wird schwer.

Keine Freude mehr. Keine tiefe Freude mehr, die wirklich die Seele beflügelt, die aufrichtet und aufatmen lässt. Keine Freude mehr, die mehr ist als Spaß und Ablenkung. Keine Freude mehr, die dem Leben eine Leichtigkeit gibt.

Wir schauen zurück auf die Zeit, in der der heilige Sebastian gelebt hat. Es ist das dritte Jahrhundert. Eine schwere Christenverfolgung bedrängt die christliche Gemeinschaft. Und dennoch: Es gibt Freude, Freude, die ihre Wurzel im Schatz des christlichen Glaubens hat. Und deshalb bitten wir heute: Herr Jesus, schenke uns neue Freude. Erfülle uns hier in Dreiheiligen mit innerer Frische und Freude, die ausstrahlen, die anziehend und anlockend wirken. Lass uns Zeugnis geben von der Freude, die Gott schenkt.

„Sie haben keinen Erfolg mehr.“ Wie sehr und wie gerne denken wir zurück an die Zeit, in der die Kirche noch voll war, in der sie gesucht und aufgesucht wurde, in der die Kirche eine Anziehungskraft hatte. Eine Zeit, in der die Stimme der Kirche gehört wurde und in der die Kirche das Land stark geprägt hat.

Und heute: Es werden immer weniger. Leere Bänke, Angebote, die scheinbar ins Leere gehen, andere Interessen, die die Menschen verfolgen. Dazu hat die Kirche ihre moralische Autorität verloren. Wer sich katholisch nennt, wird fast zum Außenseiter.

Bei der Hochzeit in Kana wird nicht nur das Wasser in Wein verwandelt. Also aus etwas sehr Alltäglichem ein Fest bereitet. Es wird zuerst auch aufgefüllt. Die Krüge sind ja leer. Jesus sagt den Dienern, sie sollen die Krüge mit Wasser füllen.

Die leeren Krüge. Die haben wir auch heute. Und das ist nicht einfach auszuhalten. Aber: Aus unserer Leere kann Gott etwas machen. Die Leere hat nicht das letzte Wort. An uns liegt es, das kleine bisschen Wasser, das wir haben, herzugeben, einzubringen, unsere Ohnmacht und Machtlosigkeit anzunehmen und sie Gott zu übergeben. Und dann zu vertrauen. Gott kann aus Leere eine Fülle schenken.

Bitten wir um ein neues Vertrauen, dass die leeren Krüge unserer Kirche einen Sinn haben und Erfolg in den Augen Gottes etwas anderes meint als das, was wir unter Erfolg verstehen.

„Sie haben keinen Glauben mehr.“ Interessant ist, dass der Evangelist Johannes nicht von einem Wunder in Kana berichtet. Er beschreibt das, was da passiert, als Zeichen. Ein Wunder führt nicht automatisch zum Glauben. Ein Wunder kann auch ein Event sein, das nichts verändert. Bei einem Zeichen verstehen die Menschen, dass Gott am Werk ist, da wird die Beziehung zu Gott erneuert und neu belebt, da wächst der Glaube. „Und sie glaubten an ihn“, heißt es von den Jüngern.

Noch einmal geht unser Blick zurück in die Zeit des heiligen Sebastian. Damals war die Kirche eine kleine Gemeinschaft. In einer mehrheitlich anders geprägten Gesellschaft ein wenig einflussreicher Kreis von Menschen. Das, was an Größe der Kirche durch den Kaiser Konstantin und durch die Staatsreligion gewachsen ist, kommt in unserer Zeit an ein Ende. Wir werden wieder kleiner. Der christliche Glaube verbindet nicht mehr alle. Damals war die christliche Community ein Hotspot lebendigen Glaubens.

Und das ist unsere Bitte zum heutigen Patrozinium in der Pfarre Dreiheiligen: Dass der Glaube unter uns lebendig bleibt und lebendig wird. Nur ein froher, lebendiger Glaube wird einladen und anziehen und motivieren. Nur ein froher, lebendiger Glaube wird relevant für das Leben sein. Bitten wir um ein neues Feuer im Glauben. Und bitten wir darum, dass wir als Pfarre Wege finden, den Glauben als frohe, lebensnahe und überraschende Botschaft zu verkünden.

Keine Freude mehr. Kein Erfolg mehr. Kein Glaube mehr. Wir brauchen die Wandlungskraft Jesu. Auch heute. Und wir dürfen hoffentlich auch erfahren: Die Wandlungskraft wirkt auch heute. Wir trinken heute noch davon.

Jakob Bürgler

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Datum: 19.01.2025

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