Wie die drei Weisen aus dem Morgenland lernen

Den Besuch der drei Weisen aus dem Morgenland einmal anders lesen. Als Weg des Lernens. Gedanken dazu von Unipfarrer Jakob Bürgler findest du hier.

Erscheinung des Herrn

6. Jänner 2025

 

Das Bild ist uns wohl vertraut: Die Weisen aus dem Morgenland folgen dem Stern und finden den neugeborenen König im Christuskind. Es gibt zwar „Zwischenstationen“ und kleine Umwege, zum Beispiel den Besuch bei Herodes, aber alles läuft irgendwie „wie am Schnürchen“ ab.

Ich lade ein, die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland mit etwas anderen Augen anzusehen und sie als Lernweg der Weisen zu deuten.

 

Die Weisen sind weise. Sie sind Sterndeuter, Magier, Sternkundige. Sie kennen sich aus mit den Sternen. Sie sind Fachleute. Sie haben viel Wissen. Deshalb machen sie sich auf den richtigen und logischen Weg. „Die drei Magier suchen den neugeborenen König zunächst dort, wo er nach ihrer Erfahrung und ihrer gelernten Expertise sein müsste, in einem Palast.“[1]

Das bedeutet: Wissen, Erfahrung und gelernte Kenntnis sind wesentlich, aber sie genügen nicht. „Es kann sein, dass die Erfahrungen sich als richtig erweisen und die Urteile, die sich daraus ableiten, korrekt sind. Aber es kann auch sein, dass sie falsch sind.“[2] In diesem Fall führen sie nicht an den richtigen Ort – obwohl die Weisen alles einsetzen, was sie können und wissen und gelernt haben.

 

Dazu kommt, dass auch der Stern weg ist. Er kommt erst später wieder zum Vorschein, in Betlehem. Die Weisen aus dem Morgenland brauchen, so könnte man sagen, zusätzlich Beratung. Eine Beratung durch den König, und auch, und vor allem, durch die Wissenden am Königshof, die mit den religiösen Dingen vertrauten Personen. Die Gelehrten am Hof des Herodes müssen zur Hilfe kommen.

Und das bedeutet: Die Weisen müssen ihr Nichtwissen zulassen. Kein Wissen, keine Orientierung. Das ist für die klugen Sterndeuter sicher hart und etwas, das sie erst lernen müssen. „Ihre Bereitschaft, ihr Nicht-Wissen zuzulassen und die Leere auszuhalten führte sie schließlich an den Ort vor der Krippe…“[3]

Wer zum Christuskind kommen will, muss durch diese Erfahrung der Leere hindurch, durch das Nicht-Weiter-Wissen, durch die Not der Ohnmacht und die Erfahrung der eigenen Grenzen. Es ist nicht so, dass ich mir den Weg zum Glauben selber richten kann. Ich muss lernen, loszulassen, meine Grenzen anzuerkennen und mich in meiner Schwachheit anzunehmen. So wie die Weisen.

 

Die Sterndeuter machen eine nicht einfache Grenzerfahrung. Und erst nach der Grenzerfahrung kommt dann die Erfüllung, das Geschenk. Das, was zur Erfüllung wird, ist nicht die Frucht der eigenen Leistung, nicht das eigene Werk, nicht ein Verdienst, sondern Geschenk. Die Weisen aus dem Morgenland werden reich beschenkt. Sie sind im Letzten Empfangende. Sie kommen „an den Ort vor der Krippe, an dem sie Empfangende wurden.“[4]

 

So gesehen ist der Weg der Weisen aus dem Morgenland ein Lernweg. Die Deutung als Lernweg ist vielleicht ein etwas ungewohnter Zugang zu den Gästen aus dem Osten. Aber wie bei den Sterndeutern ist auch unser Weg in der Nachfolge Jesu ein Lernweg.

Wir bringen unsere Erfahrung ein, unser Wissen, unsere Fähigkeiten. Aber das allein genügt nicht. Wir werden immer wieder in die Herausforderung der Neuorientierung und der Ohnmacht geführt. Und was dann gelingt, das ist mehr als unsere Leistung. Zum Schluss bleibt die Erfahrung des Empfangens.

Wie heißt es so schön in einem Lied aus dem Gotteslob: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr; fremd wie dein Name sind mir deine Wege. Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott; mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen? Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt? Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.“

 

Jakob Bürgler

 

[1] http://www.feinschwarz.net/leer-werden-und-von-der-zukunft-lernen/

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

Kategorie:

Datum: 06.01.2025

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