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2. Sonntag nach Weihnachten
5. Jänner 2025
Die ersten Zeilen des Johannesevangeliums, der sogenannte Johannesprolog, wird zwei Mal in der Weihnachtszeit gelesen. Am Christtag und am Sonntag nach Neujahr. Zwei Mal hören wir diesen eindrucksvollen und würdevollen Text. Und dennoch bleibt er etwas sperrig und unverständlich, in all seiner Schönheit.
Der Evangelist Johannes schaut mit einem theologisch sehr scharfsichtigen Blick auf das Geschehen, das wir zu Weihnachten feiern, auf die Geburt des Messias. Mit Johannes schauen wir auf das kleine Kind zu Betlehem und sagen: „Wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14) In Jesus zeigt sich uns die ganze Schönheit und Herrlichkeit Gottes.
Was ist das Besondere unseres christlichen Glaubens? Was zeichnet ihn aus? Was unterscheidet ihn von anderen Glaubensrichtungen? Was ist sein Plus? Dazu drei Gedanken: Wort, Anfang, Zelt.
Wort
„Im Anfang war das Wort.“ (Joh 1,1) Wir wissen, dass mit dem Wort Jesus Christus gemeint ist, das Wort Gottes. Also: Im Anfang war Jesus. Aber bleiben wir einmal beim Wort „Wort“. Gott ist immer schon einer, der redet, der kommuniziert, der Kontakt aufnimmt, der mit den Menschen in Beziehung tritt. Er ist nicht diese einsame und ferne Gestalt, die sich selbst genügt. Weit weg vom menschlichen Leben. Gott spricht mit uns, er spricht uns an, er hat einen Zuspruch und ein gutes Wort für uns.
„Wo Menschen der Zuspruch versagt wird, da gehen sie zugrunde. Das hat das verheerende Experiment Friedrichs II mit den sogenannten ‚Kaspar-Hauser-Kindern‘ gezeigt. An ihnen sollte erforscht werden, was passiert, wenn Säuglinge ohne eine menschliche Ansprache aufwachsen. Alle sind gestorben.“[1]
Christlich glauben bedeutet: Angesprochen sein, von Gott her kontaktiert werden, ein Gegenüber haben, das sich für mich interessiert und das mir ein Wort des Heiles zuspricht. Vielleicht eine gute kleine Übung in den kommenden Wochen: Das Lukas-Evangelium lesen. Und sich von diesem Wort ansprechen lassen.
Anfang
„Im Anfang war das Wort.“ (Joh 1,1) Nicht „am Anfang“, sondern „im“ Anfang. Da gibt es einen Unterschied. Am Anfang bedeutet: Ganz am Beginn, zu der Zeit, als alles angefangen hat. Im Anfang bedeutet: Noch vor jedem Beginn, noch bevor alles angefangen hat. Also: Außerhalb von Raum und Zeit. Da war schon das Wort.
Wir Menschen können nur in Raum und Zeit denken. Alles ist begrenzt. Das Wort und damit Gott ist da herausgenommen. Er übersteigt alles. Gott ist immer schon. Er umfasst alles. Er ist es, aus dem die ganze Welt, der ganze Kosmos hervorgeht. Und das bedeutet: Unser Leben hat eine feste Wurzel. Auch wenn unser Verstand zu Ende ist, wenn wir „anstehen“, dann ist Gott noch nicht am Ende. Er sieht weiter. Er sieht mehr.
Er ist mehr als ein schöner Sonnenaufgang, mehr als ein alter Baum mit seinem Geheimnis, mehr als die Wunder der Natur. Er ist ein Tragbalken, der durchhält über alle Zeit hinweg. Wer sich auf ihn verlässt, der geht nicht verloren.
Zelt
Dieses Wort ist eine kleine Überraschung. Denn es kommt im Johannesprolog gar nicht vor. Und dennoch verwende ich es. Das Wort „Zelt“ ist eine wörtliche Übersetzung. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1,14) Wörtlich: „Und hat unter uns gezeltet.“
Ein Zelt ist nicht so stabil wie ein Haus. Es ist durchlässiger, transparenter, leichter abbaubar und an anderer Stelle wieder aufbaubar. Ein Zelt ist flexibler, beweglicher. Gott ist nicht in einer starren Tradition, nicht in dem, was immer schon so war und nicht verändert werden darf. Gott ist immer mit dem Menschen unterwegs, und der Mensch wandelt sich und durchläuft Entwicklungen und ein Wachstum. Gott ist auch dort, wo der harte Boden spürbar ist, wo Dinge schmerzen, wo Unwetter und Gefahren drohen. Gottes Zelt ist wie ein Schutz-dach, eine Plane, die mich umhüllt.
Auch das ist ein Plus unseres christlichen Glaubens: Gott geht auf Tuchfühlung mit uns, er ist Wegbegleiter, auch dann, wenn der Weg nicht gerade aus führt. Er ist immer da, wenn sich unser Leben neu orientiert.
Wort. Anfang. Zelt. Gott redet dich und mich an. Er spricht in dein Herz. Gott umfasst den ganzen Kosmos. Er ist eine starke Wurzel, die durchträgt. Gott ist mir ganz nahe. Er schlägt an meiner Seite sein Zelt auf.
Jakob Bürgler
[1] Joachim Koffler, Wovon das Herz voll ist. Herder 2014, 54.
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Datum: 05.01.2025
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