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Weihnachten 2024
Die Mitte von Weihnachten ist das Kind. Das Kind in der Krippe. Jesus. Immanuel. Gott so nahe. Gott einer von uns. Gott im kleinen Kind von Betlehem. Aber rundherum, da tut sich einiges. Nicht nur in der Höhle der Geburt. Auch auf den Feldern, bei den Hirten. Sie werden aufgeschreckt. Engel künden eine Frohe Botschaft. Und diese Botschaft macht den Hirten Beine. Ich möchte heute ein wenig bei den Hirten verweilen. Und darüber nachdenken, was sie mit uns und unserer Zeit verbindet.
„In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.“ (Lk 2,8) So erzählt der Evangelist Lukas. Ein uns sehr vertrautes Bild. Eine Gruppe von Männern, einfach und herb, rund um ein Feuer versammelt, um sich zu wärmen. Daneben eine ganze Menge von Schafen, grasend, blökend, schlafend. Die Hirten wachen in der Nacht. Sie halten Nachtwache. Nachtwache. Genau bei diesem Wort bin ich steckengeblieben.
„Nachtwache“. Die Hirten sind wach. Sie bleiben wach. Ihr Job verlangt das. Aber vielleicht gibt es da noch mehr? Vielleicht sind die Hirten ja auch jene, die nicht nur wach bleiben, sondern etwas wach halten? Vielleicht die Hoffnung? Die Hoffnung auf bessere Zeiten? Die Hoffnung auf ein Ende ihrer armen Existenz? Die Hoffnung auf ein Glück, das sie auf den Feldern nicht finden? Die Hoffnung auf den erwarteten Messias?
Von dieser Hoffnung wird beim Evangelisten Lukas nichts erzählt. Aber: Die Hirten sind ja schnell aufgebrochen, um das zu sehen, was ihnen gesagt worden ist. Hoffnungs-lose Leute brechen nicht sofort auf! Mich würde es nicht wundern, wenn die Hirten eine tiefe Hoffnung in sich getragen hätten. In der Nacht haben sie die Hoffnung wachgehalten. Nachtwache einmal anders.
Und damit sind die Hirten, so denke ich, top aktuell. Denn sie bringen etwas ein, was heute oft genug verloren scheint. Worauf sollen wir denn hoffen, wenn alles schlimmer wird? Immer mehr Kriege. Immer mehr Aggression. Dazu Zerwürfnisse in der Gesellschaft. Streit. Das Leben immer teurer. Die Zukunftschancen für Kinder nicht gut. Dazu die Klimakatastrophe. Überhaupt: So viele Katastrophen. So vieles wirkt wie eine dunkle Nacht. Und die gläubige Deutung des Lebens und die Praxis des Glaubens wird auch schwächer – oder „verschwindet“ sie?
In Berlin wurde vor kurzem der katholische Dom St. Hedwig nach einer langjährigen Sanierung wieder eingeweiht. Bischof Hermann hat eine bewegende Geschichte von dort mitgebracht. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat ihm von der Begegnung mit einem Professor der Humboldt-Universität, einem bekennenden Agnostiker, erzählt. Dieser habe ihn gebeten, für seine sterbenskranke Frau zu beten. Nach ihrem Tod lud er ihn, den Bischof, zum Begräbnis ein. Es war eine rein säkulare Feier. Kein Wort des Glaubens. Kein Zeichen von Religion. Nach der Zeremonie, bei der persönlichen Verabschiedung: Der trauernde Mann versichert dem Bischof, dass seine Anwesenheit für ihn das Wichtigste gewesen sei. Darauf der Bischof: „Aber ich habe ja gar nichts beigetragen!“ „Doch“, antwortet der Professor, „sie stehen für eine Hoffnung, die wir uns selbst nicht geben können.“
Die Hoffnung wach halten. Wächter der Hoffnung sein. Das ist besonders notwendig in einer Zeit, die den Hoffnungshorizont des Glaubens aus dem Blick verliert. Die Hoffnung, dass alles einen Sinn hat. Die Hoffnung, dass das Leben mehr ist als das alltägliche Abarbeiten von Aufgaben. Die Hoffnung, dass es da einen gibt, der alles in Händen hält, auch wenn es noch so trostlos ist. Die Hoffnung, dass unser Leben und Sterben mehr ist als eine noch so schöne Sternschnuppe am Himmel.
Meine Mama hat mir eine sehr berührende Geschichte aus ihrem Leben erzählt. Es war in den Kriegsjahren. Bittere Armut. An einem Weihnachtsfest hat sie von ihrer Mutter ein Taschentuch geschenkt bekommen. Ein selber genähtes Taschentuch! Mit der ganzen Liebe ihres Herzens. Für meine Mama eine unglaubliche Freude!
Was ist der Grund für unsere Hoffnung? Der Grund ist: Gott hat seine ganze Liebe, seine ganze Zärtlichkeit, seine tiefe Zuneigung zu uns Menschen in dieses Kind von Betlehem hineingelegt. In diesem Kind begegnet uns die Zärtlichkeit Gottes. Und das nicht nur im Kind. Auch der erwachsene Jesus ist eine Ikone für die unauslotbare Zärtlichkeit und Zuneigung Gottes. Sie ist uns geschenkt – das feiern wir zu Weihnachten – und sie bleibt und begleitet uns. Wahrlich ein Hoffnungs-Schub.
Unsere Berufung als Christinnen und Christen ist eine edle: Nachtwächter sein für die Hoffnung. Die Hoffnung nicht aufgeben. Die Trotzdem-Kraft der Hoffnung leben. Pilger der Hoffnung sein. Heute hat in Rom das Heilige Jahr begonnen. Papst Franziskus hat die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet. Trotz allem, was uns einschließt und was den Blick in eine gute Zukunft vernebelt, das Tor der Hoffnung öffnen und offen halten! Bitten wir das Kind von Betlehem, den Stern der Hoffnung, um die Gabe der Hoffnung für uns und die Welt.
Jakob Bürgler
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Datum: 24.12.2024
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