Adventliche Begegnung

Was lässt die Begegnung zwischen Maria und Elisabeth zu einer Stunde der tiefen Freude und Berührung werden? Über die Grundhaltungen "empfangen" und "schenken" hat sich Unipfarrer Jakob Bürgler Gedanken gemacht. Du findest sie hier.

4. Adventsonntag

22. Dezember 2024

 

An einen Sonntag vor 25 Jahren kann ich mich noch gut erinnern. Ich habe damals einen Bruder aus Taizé zum Besuch in meine Pfarre im Außerfern eingeladen. Bruder Han-Yol hat seinen Besuch angekündigt. Ich weiß noch gut, wie gespannt ich war, in einer großen Vorfreude, wie ich diesem Besuch entgegengefiebert habe. Und dann: Die Glocke läutet, es ist soweit. Ein tiefes Gefühl der Freude erfüllt mich. Eine Begegnung, die mich spüren lässt: Ein kleines Stück Himmel „bricht ein“ in mein Leben. Wahrscheinlich kennen alle von uns solch besondere Begegnungen. Begegnungen, die die Tiefe unseres Herzens vor Freude erbeben lassen.

Heute im Evangelium geschieht eine solche Begegnung. Maria und Elisabeth, die beiden schwangeren Frauen, lassen uns eine Menge Herzlichkeit und Freude in ihrer Begegnung spüren. Es ist fast so, als ob ein Lichtstrahl Gottes auf diesen einfachen Moment der Begrüßung fällt. „Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.“ (Lk 1,44) Was ist das Geheimnis dieser Begegnung? Warum wird da so viel Licht und Freude spürbar?

Es sind zwei Haltungen, die diese Begegnung gelingen lassen: Das Empfangen und das Schenken.

 

Empfangen

Maria öffnet sich ganz für den Besuch des Engels. Sie lauscht seinen Worten. Sie versucht mit offenem Herzen zu verstehen, was da vor sich geht. Sie staunt. Und sie empfängt. Nicht sie selbst schenkt sich das Kind, den Messias. Sie empfängt, sie nimmt an, sie lässt sich beschenken. Dann eilt Maria mit schnellen Schritten zu Elisabeth. Und wieder: Sie tut ihr Herz weit auf für die Begegnung mit Elisabeth, sie empfängt ihre Freundschaft, ihre Zuneigung, sie lässt sich das Segenswort von Elisabeth schenken.

Und Elisabeth: Sie leidet darunter, dass sie kein Kind bekommen kann. Die Zusage an ihren Mann Zacharias bewegt sie: Ihr werdet noch ein Kind bekommen. Elisabeth tut sich auf für dieses unglaubliche Handeln Gottes, und sie empfängt. Sie empfängt ein Kind. Neues Leben. Und sie empfängt Maria, sie tut das Tor ihres Hauses und die Tür ihres Herzens weit auf für diesen Besuch.

 

Schenken

Und beide Frauen sind es auch, die schenken. Beide Frauen schenken, was sie empfangen haben. Sie schenken die Kinder dieser Welt, sie schenken sie den Menschen, damit durch sie das Heil Gottes geschehen kann. Sie geben ihre Kinder, damit Gott durch sie handeln kann.

Und: Maria und Elisabeth, sie schenken sich einander, sie schenken einander tiefe Zuneigung, Gemeinschaft, die wohl tut, berührende Herzlichkeit. Empfangen und Schenken.

 

Ich habe ein Zeichen mitgebracht, das dieses Empfangen und Schenken deutlich machen kann: Eine Schale. Offen ist sie, um zu empfangen. Alles kann sie aufnehmen. Sie wird gefüllt durch das, was sie aufnimmt und empfängt. Die Schale ist aber auch offen, damit man aus ihr etwas herausnehmen kann. Die Schale verschenkt, was sie in sich birgt. Eine Schale: Zeichen für Empfangen und Schenken. Eine Schale: Zeichen für Maria und Elisabeth. Eine Schale: Zeichen auch für uns? Eine Frage, die ich euch für die kommenden Tage gerne mitgeben möchte.

 

Und ich komme wieder zurück zum Bruder aus Taizé, zu diesem Besuch, der mir ein Stück Himmel geschenkt hat. Die Brüder von Taizé leben von ihrer eigenen Arbeit, und viele von ihnen arbeiten in der Töpferei. Sie stellen Schalen her, Schalen, die empfangen und schenken. Ein Gebet, das davon erzählt, soll den Abschluss meiner Gedanken bilden.

Gebet eines Töpfers in Taizé

„Herr, mach mich zu einer Schale, offen zum Nehmen, offen zum Geben, offen zum Geschenktwerden, offen zum Gestohlenwerden.

Herr, mach mich zu einer Schale für Dich, aus der Du etwas nimmst – in die Du etwas hineinlegen kannst.

Wirst Du bei mir etwas finden, was Du nehmen könntest? Bin ich wertvoll genug, so dass Du in mich etwas hineinlegen wirst?

Herr, mach mich zu einer Schale für meine Mitmenschen, offen für die Liebe, für das Schöne, das sie verschenken wollen – offen für ihre Sorgen und Nöte, offen für ihre traurigen Augen und ängstlichen Blicke, die von mir etwas fordern.

Herr, mach mich zu einer Schale.“

 

Jakob Bürgler

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Datum: 22.12.2024

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