Wie heute vom Christus-König sprechen?

Früher war das Hochfest Christkönig ein zentrales Fest. Wie kann man in unserer heutigen Welt das Königtum Jesu Christi verstehen? Gedanken dazu von Unipfarrer Jakob Bürgler findest du hier.

Christkönigssonntag

24. November 2024

 

Früher einmal war das Hochfest Christkönig ein machtvoller Feiertag. Ein Bekenntnisfest. Die Botschaft: Wir bekennen uns nicht zu irgendeiner irdischen Macht, selbst dann nicht, wenn sie mit Gewalt alles beherrscht. Wir bekennen uns zu Jesus Christus, dem neuen, dem anderen König. An Christkönig wurden Jugendbekenntnistage gefeiert, Umzüge organisiert.

Und heute? Inmitten der weihnachtlichen Dekoration und Romantik, die uns jetzt schon umgeben, bei all dem Stress und Trubel, der Teil des Advent ist, bei der großen Zahl an Königen, die unser Leben bestimmen: König Fußball, Königin Schönheit, Herren der Welt Putin und Trump: Wo ist da der Christuskönig? Ich möchte drei kleine Gedanken zum Christuskönig vertiefen und dazu drei Worte verwenden: Thron. Ball. Auftrag.

 

Thron

Manche Leute wissen, dass ich ein großer Freund von Ikonen bin. Ikonen bergen für mich etwas „Göttliches“. Sie bündeln den Blick auf Gott. Sie öffnen den Blick auf eine Welt, die weit größer ist als die unsrige. Sie erlauben einen Blick in die Ewigkeit.

Vor allem liebe ich die Ikonendarstellung des Pantokrators. Christus: Der Herrscher über alle Welt, der Herrscher über den ganzen Kosmos. Christus, der Weltenherrscher. Jesus sitzt in edle Gewänder gekleidet und mit den Königszeichen der Macht versehen  auf seinem Thron. Für mich ist diese Ikone auch ein Bild des Trostes: Selbst wenn in dieser Welt unheimliche Mächte regieren, die sich um den höchsten Thron streiten: Auf dem höchsten Thron sitzt nur einer. Jesus Christus. Und der meint es gut mit mir.

Vor kurzem habe ich eine wunderbare gotische Ikone geschenkt bekommt. Auch sie zeigt Jesus auf dem Thron. Aber: Dieser Thron ist ein anderer. Es ist ein Thron, auf den das heutige Evangelium hinführt. Der Thron des Kreuzes.

Kann denn das Kreuz ein Thron sein? Für Jesus schon. Als die Menschen – anschließend an das eindrucksvolle Zeichen der Brotvermehrung – Jesus zum König machen wollen, da entzieht er sich ihnen. Jetzt, vor Pilatus, armselig, ohnmächtig, geschlagen, erniedrigt: Jetzt bekennt er sich als König. Jesus hat zwei Throne: Den Herrschaftssitz und das Kreuz. Er hat alle Macht, aber die Macht liegt in der Hingabe.

 

Ball

„Charlie Chaplins Film ‚Der große Diktator’ enthält folgende Szene: Der Diktator, der das Schicksal der Welt in seinen Händen hält und von dem kleinen Mann Charlie Chaplin dargestellt wird, spielt mit dem Globus. Er nimmt die Erdkugel aus dem Ständer, wirft sie hoch, fängt sie wieder auf, lässt sie sich über den Rücken rollen und balanciert damit auf der Hand, bis sie plötzlich zu Boden fällt und zertrümmert ist. Der Diktator trägt die Maske Adolf Hitlers.“[1] Und der jüngst verstorbene Bischof Franz Kamphaus fügt hinzu: „Der hat zwar keinen Einfluss mehr auf das Weltgeschehen. Doch das Spiel mit dem Globus geht weiter.“[2]

Wie geht der Christuskönig mit dem Erdball um? Er macht sich klein, wird ein Baby, hilflos allem ausgeliefert. Und später, als erwachsener Mann, wird er zum Zeugen dafür, dass Gott diesen kleinen Globus, den Erdball, über alle Maßen liebt. Immer, wenn er sich Menschen zuwendet, wird diese dienende Liebe spürbar und aktiv. Er hält, so könnte man sagen, den Erdball mit einer unglaublichen Zärtlichkeit in seinen Händen.

Und schließlich, das wird in seinem Tod sichtbar, nimmt er die Verwundungen, Risse, Tragödien, die Grausamkeiten der Welt nicht nur wahr, sondern er nimmt sie an. Er trägt sie mit. Er nimmt sie an sein Herz. „Den Diktatoren gleitet der Erdball aus der Hand, und er zerbricht. Das von der Lanze durchbohrte Herz des Gekreuzigten hält die Welt zusammen.“[3]

 

Auftrag

Das Fazit bisher: Die zerstörerische Macht und Gewalt sind real, wirklich. Wir spüren sie. Wir haben Angst vor einem, der den roten Knopf drückt und die Welt zerstört. Wir fürchten uns zurecht vor Menschen, die die Menschenwürde mit Füßen treten, die jene, die sich nicht wehren können, erniedrigen.

Ist die Macht und die Königsherrschaft Jesu Christi auch real? Sind das nicht nur schöne Worte, Ideen, Postulate, die ohne Wirkung bleiben? Letztlich unwichtig für den Verlauf der Welt? „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36), sagt Jesus. Also: Wirkungslos. Oder?

Oder doch nicht? Das Königtum Jesu ist nicht von dieser Welt, sondern in dieser Welt. Also real, wirklich. Das ist unser christlicher Glaube. „Mit Jesus ist es in diese Welt gekommen. … Er setzt die Selbsthingabe an die Stelle der Selbstbehauptung. Er ist nicht auf seine Position bedacht, es geht ihm um uns. Die Großen der Geschichte ließen Menschen für sich sterben. Jesus ist für die Menschen gestorben.“[4]

Jesus, der König, hat nicht nur darüber geredet. Er hat das, was er gesagt hat, getan. Sein Reich ist deshalb real, weil er es in die Tat umgesetzt hat. Und das ist nun auch unser Auftrag, als Königskinder Jesu sozusagen: Selbsthingabe anstelle von Selbstbehauptung. Diesem Reich Jesu Christi Platz schaffen. Es im Herzen und im gesellschaftlichen Leben durchbrechen lassen. Jeden Tag neu. In kleinen Schritten. So ändert sich die Welt. Zum Guten.

 

Jakob Bürgler

 

[1] Franz Kamphaus, Der Unbekannte aus Nazaret. Patmos 2023, 258.

[2] Ebd.

[3] Ebd. 260.

[4] Ebd. 259-260.

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Datum: 24.11.2024

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