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25. Sonntag im Jahreskreis
22. September 2024
Dreiheiligen und Dom zu St. Jakob
Einmal schon ist die Ankündigung Jesu über sein Leiden in die Hose gegangen. Petrus hat heftig widersprochen. Und die Antwort Jesu war auch heftig: „Tritt hinter mich, du Satan.“ Wir haben es am vergangenen Sonntag gehört.
Aber Jesus setzt noch einmal an. Wieder der Blick voraus. Böse Tage werden kommen, aber das Leben wird siegen. Eine schwere Kost. Wer will schon gerne über das Leiden und die Bitternis reden. Niemand kann da einfach unberührt bleiben.
Die Frage nach dem gewaltsamen Tod und dem bitteren Schicksal des Messias ist wirklich eine heikle, eine schwierige Frage. Und es ist durchaus verständlich, dass sich die Jünger damit schwertun, dass sie nichts begreifen und dass sie Jesus nicht verstehen. „Aber sie verstanden das Wort nicht, fürchteten sich jedoch, ihn zu fragen.“ (Mk 9,32) Die Frage nach dem Sinn von Leiden und Sterben, von Unheil und Schicksal, von Ohnmacht und Erniedrigung lässt zurückschrecken. Auch uns. Auch wir tun uns damit nicht leicht.
Und es geht schon wieder daneben, wie beim ersten Mal. Die Jünger kommen einfach nicht mit. Sie verstehen nicht, was Jesus da sagt. Oder sie wollen es nicht verstehen. Sie fürchten sich davor, Jesus zu fragen. Sie schweigen lieber.
Leichter ist es, über die Frage zu reden, wer denn der Größte ist, wer mehr zählt, wer mehr Macht hat, wer mehr gilt und wer was zu sagen hat. Das tun die Jünger. Sehr peinlich angesichts der Ankündigungen Jesu. Aber: Die Frage nach der Größe ist eben leichter zu besprechen. Sie kommt einem einfacher über die Lippen. Schließlich geht es dabei um Erfolg, um Anerkennung, um Durchsetzungsvermögen, um die eigene Leistung, nicht um Ohnmacht, Kleinsein und Demut.
Es war nicht nur damals so. Auch heute drängt es uns, „darüber zu reden, wer am ‚größten‘ ist: mit den meisten Terminen, dem höchsten Bildungsabschluss, den wichtigsten Pöstchen, den zahlreichsten Mitarbeitenden, mit dem größten Einflussbereich oder den erfolgreichsten Kindern.“[1]
Was aber geschieht wirklich, wenn Menschen immer nur nach dem ersten Platz greifen? Wenn Macht und Durchsetzungsvermögen dominieren? Wenn die zerbrechlichen Seiten des Lebens ausgeblendet werden? Jakobus beschreibt dies eindrücklich in seinem Brief: „Wo Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. … Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten? Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet.“ (Jak 3,16;4,1-2) Wenn sich das Leben primär an Ehrgeiz und an Durchsetzung orientiert, wird es kaputt. Es führt in das Durcheinander und in die Unordnung. Die Leidenschaften, die einen Menschen hin und her ziehen, die ihn im Griff haben, die Macht über den Menschen gewinnen, diese Leidenschaften zerstören das Gute und letztlich das Leben.
Jesus nimmt die Jünger beiseite. Er gibt ihnen eine Nachhilfe. „Die Jünger bekommen von Jesus eine Lehre erteilt. Er setzt sich extra hin; ein Zeichen dafür, dass er jetzt als Lehrer spricht, exklusiv für sie.“[2]
Jesus merkt, worüber die Jünger sprechen und nachsinnen. Und die Wende könnte radikaler nicht sein. „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.“ (Mk 9,35) Und um das anschaulich zu machen, stellt Jesus ein Kind in die Mitte. Und damit wir deutlich: Jesus hat andere Maßstäbe. Es geht ihm nicht um äußerliche Macht. Ein Kind ist Symbol für die Zerbrechlichkeit des Lebens, für die Menschlichkeit, für das Kleine und Unscheinbare, für die Machtlosigkeit.
„Papst Franziskus weist immer wieder, teilweise scharf, darauf hin, wenn Personen in der Kirche – so wie die Jünger – gegenteilig reden und handeln. Wenn sie sich in Rivalitäten verlieren und prahlen und wenn es faktisch vor allem darum geht, die eigene Macht zu mehren.“[3]
Jesus durchbricht die Logik des ersten Platzes, die Logik der Größe durch Macht. Er weist mit seinem Leben einen anderen Weg, einen Weg, der mit unseren menschlichen Maßstäben nur schwer zu begreifen ist. Kein Wunder also, dass die Jünger nicht verstehen. Der Mut, klein zu sein. Die Größe, sein Leben zu verschenken. Ich wiederhole es noch einmal: Der Mut, klein zu sein. Die Größe, sein Leben zu verschenken. Es braucht Mut, klein zu sein. Es ist Größe, wenn jemand sein Leben verschenkt, nicht Schwachheit oder Dummheit. Vielleicht könnte man den Kern der Botschaft Jesu so zusammenfassen: Mit aufrechtem Gang, mit Würde und innerer Stärke klein sein können.
„Das Evangelium verleitet leicht dazu, die Ansagen Jesu auf die Mächtigen, die da oben, zu beziehen. Das steht dort jedoch nicht. Es gilt vielmehr für alle Gemeinschaften – jeder und jede ist gemeint, zu schauen, was die anderen brauchen. Dazu gehört wohl auch, die eigenen Schwächen anzuerkennen, die Fassade der Perfektion bröckeln zu lassen, selbst als ‚Kleiner‘ um Hilfe zu bitten. Wer so denkt, spricht und handelt, macht nicht nur in seinem eigenen Leben Platz für Gott.“[4]
Jesus nimmt heute uns alle, jeden und jede, in die Schule. Anders gesagt: Wir sind bei Jesus in Fortbildung.
Jakob Bürgler
[1] Heike Helmchen-Menke, Bei Jesus in der Fortbildung. Christ in der Gegenwart 39, 22.09.2024.
[2] Ebd.
[3] Ebd.
[4] Ebd.
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Datum: 22.09.2024
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