Heilung durch Berührung

Von Jesus wird erzählt, dass er einen Mann, der nicht hören und sprechen kann, heilt. Er berührt ihn und öffnet die unsichtbaren "Blockaden". Du findest hier Gedanken dazu von Unipfarrer Jakob Bürgler.

23. Sonntag im Jahreskreis

8. September 2024

Dom zu St. Jakob

 

Das Evangelium des heutigen Sonntags erschließt eine kleine christliche Handlungsanweisung. Wie als Christin oder Christ leben? Wie handeln? Wie mit anderen Menschen umgehen? Wie ein christliches Zeugnis geben? Dazu fünf kurze und pointierte Blitzlichter.

 

1

Jesus nähert sich dem hörbehinderten Mann so, wie der es verstehen und erfassen kann. Nicht durch Worte, die er ja nicht hören kann. Nicht durch eine Sprache, die er nicht versteht oder die ihn nicht erreicht. Er redet ihn nicht an mit einem unverständlichen „Kirchenlatein“. Jesus orientiert sich an den Bedürfnissen des Mannes.

Er berührt ihn. Er schenkt ihm zärtliche Aufmerksamkeit, eine Aufmerksamkeit, die über die Haut und unter die Haut geht. Er berührt ihn an den wunden Organen, mit großer Innigkeit und Nähe. Mit Achtsamkeit und Intimität. Mit dem Finger fährt er ihm in die Ohren. Den eigenen Speichel legt er auf die Zunge des anderen. Und der kranke Mann versteht und lässt es geschehen.

 

2

Jesus deutet das, was er tut. Er sagt nicht: „Mach endlich deine Ohren auf! Hör endlich! Hör endlich zu!“ Er sagt auch nicht: „Sag doch endlich etwas! Wenn du nicht redest, gehe ich wieder!“ Jesus sagt: „Öffne dich!“ Das ist etwas viel Größeres und Umfassenderes.

Öffne dich – das will heißen: Mach dein Herz weit! Mache dich innerlich auf! Komm heraus aus deiner Verkrümmung, aus deiner Verschlossenheit! Wage dich heraus in das, was dich ängstigt, was dich an der Kommunikation hindert! Komm heraus aus deiner Sprachlosigkeit! Lass wieder etwas in dich hinein! Lass dir ein hilfreiches Wort sagen! Dieses „Öffne dich“ sagt Jesus mit der ganzen Zuneigung seines Herzens, nicht befehlend oder schroff. Er schreit ihn nicht an.

 

3

Jesus heilt zuerst die Ohren, dann den Mund. Das mag recht zufällig erscheinen. Es könnte aber auch sein, dass sich dahinter ein tieferer Sinn verbirgt. Damit jemand gut reden kann, muss er zuerst einmal aufmerksam hören lernen. Kinder lernen Reden durch Hören.

Wir sind manchmal so schnell mit unseren Antworten und Ansichten, und hören gar nicht genau hin oder zu wenig intensiv. Wir wissen schon alles. Wir wissen schon, was anders sein soll, was früher besser war, was wir kritisieren und ablehnen, und dabei verschließen wir unser Ohr. Unser Herz und unser Kopf lassen etwas Neues und Gutes nicht wachsen.

Zuerst hören, dann reden. Es geht darum, das Hören und das stille Zuhören zu üben. Heile Ohren werden dann in unserem Mund Worte wachsen lassen, die heilvoll sind und gut.

 

4

Was da geschieht, ist kein Zauberkunststück, kein umwerfendes „Event“, keine Heilungsshow, keine Sensation, und noch weniger ein Spiel mit den Naturgesetzen. Das, was da geschieht, ist eine Begegnung mit dem Geheimnis Gottes. Gott ist da im Spiel. Gott öffnet die Ohren, den Mund, den Menschen.

Es ist nicht nebensächlich, dass Jesus zum Himmel blickt. Dass er mit seinem lieben Vater im Himmel Kontakt aufnimmt. Dass er sich verwurzelt, „erdet“ – im übertragenden Sinn, dass er seine „Energiequelle“ sucht. Das, was uns weiterbringt, was sich wandelt und was heilt, was wächst, das kommt aus dieser göttlichen Quelle.

 

5

Bei der Tauffeier gibt es einen unscheinbaren Ritus, der aber eine tiefe Bedeutung hat. Der Taufspender berührt das Ohr und den Mund des Taufkindes und sagt: „Wie Jesus mit dem Ruf ‚Effata‘ dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, so öffne er auch dir Ohren und Mund, damit du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.“ Damit du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst. Es gibt so viele Christen, die scheinbar kein Interesse am Wort Jesu haben oder die ihren Glauben nicht leben. Liegt es an verschlossenen Ohren? Oder finden wir nicht die richtigen Worte? Gelingt es uns nicht, die Herzen zu berühren? Es ist unser Auftrag: Viel Kontakt zu suchen mit denen, die nicht mehr da sind oder noch nicht da gewesen sind. Ihr Ohr zu berühren. Ihren Mund zu öffnen.

 

Jakob Bürgler

Kategorie:

Datum: 08.09.2024

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