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29. Sonntag im Jahreskreis
19. Oktober 2025
Etwas eigenartig klingen die erste Lesung dieses Sonntags und das Evangelium schon. Die Lesung berichtet vom Kampf Israels gegen die Feinde, also vom Krieg, und von der Gebetsunterstützung durch Mose. Das Gebet soll sicherstellen, dass der Kampf siegreich ausgeht. Das Evangelium erzählt von einer Witwe, die sich ihr Recht erkämpft, unnachgiebig und zäh. So eine lästige Person! Wenn jemand so lästig ist, dann soll sie nicht bekommen, was sie will! Ganz anders Jesus: Diese Witwe sei ein Vorbild für ein intensives Gebet. Die Texte des heutigen Sonntags klingen tatsächlich etwas eigenartig.
Aber: Beim genaueren Hinschauen kommen für mich zwei Haltungen zum Vorschein, die „im Doppelpack“ für ein gläubiges Leben sehr wichtig sind: Beten und Kämpfen. Mose trägt Josua auf, den Kampf gegen jene zu führen, die das Volk Israel angegriffen haben. Er selbst zieht sich zum Gebet auf den Berg zurück. Also: Kampf und Gebet. Und die Witwe kommt immer wieder mit ihrem Wunsch, ihrer Forderung, zum Richter. Die Witwe bittet und kämpft, unnachgiebig. Beten und Kämpfen.
In den 68-er Jahren des letzten Jahrhunderts, in dieser politisch und gesellschaftlich so turbulenten Zeit, sind viele junge Menschen nach Taizé in Frankreich gepilgert. Im Gepäck hatten sie kritische Fragen und heftige Kritik. Sie haben in Taizé eine Bruderschaft vorgefunden, die ihnen zugehört hat, die sie zu verstehen versucht hat, die sich auf den mühevollen Dialog eingelassen hat. In dieser Zeit hat der Gründer der Gemeinschaft seine Erfahrungen in einem Buch verarbeitet. Der Titel: „Die Gewalt der Friedfertigen“. Seine Botschaft: Die Friedfertigen sind nicht die Verlierer. Sie handeln aus einer starken inneren Kraft. In ihnen wohnt eine kraftvolle Dynamik, eine Dynamik, die gewaltige Potentiale freisetzt. Diese Kraft ist im positiven Sinn eine „Gewalt“. Die Gewalt der Friedfertigen.
Es braucht also beides: Das Gebet, die innere Ausrichtung auf Gott, das Sich-Versenken in die Nähe und Gegenwart und Liebe Gottes. Und es braucht den Kampf, den Einsatz, die Umsetzung des Evangeliums im konkreten Tun. Beten und Kämpfen. Die Brüder von Taizé haben bis heute diese beiden Pole in ihrem Programm: Kampf und Kontemplation. Engagement und Gebet. Solidarität und Spiritualität.
Vor kurzem ist mir wieder einmal ein Wort des Heiligen Ignatius in die Hände gefallen, und ich war erstaunt. Ich denke, dass viele von euch dieses Wort kennen: „Arbeite so, als ob alles von dir abhinge. Bete so, als ob alles von Gott abhinge.“ Meine Überraschung: Das Wort des Ignatius ist falsch übersetzt. Hugo Rahner hat den Spruch so übersetzt: „Vertraue so auf Gott, dass du dabei nie auf das (von ebendiesem Vertrauen geforderte) Mittun vergisst; und dennoch: Tu so mit, dass ebendieses Mitarbeiten erfüllt bleibe vom Wissen um die alleinige Gewalt Gottes.“ Mit anderen Worten: „Bete, als ob alles von dir abhinge, arbeite, als ob alles von Gott abhinge.“[1]
Beim Beten ist es wichtig, die eigene Verantwortung nicht einfach an Gott abzutreten, passiv zu werden, aus den Herausforderungen und Nöten des Lebens zu fliehen. Und beim Arbeiten und Kämpfen ist es wichtig, bescheiden und demütig zu bleiben, die eigene Kraft und das eigene Vermögen nicht zu überschätzen, eine Gelassenheit zu leben, die weiß, dass letztlich alles von Gott abhängt. Bete, als ob alles von dir abhinge, arbeite, als ob alles von Gott abhinge.
Beten und Kämpfen. Der heutige Weltmissionssonntag verbindet beides. Wir sind aufgerufen, für die Christinnen und Christen in aller Welt zu beten, uns im Gebet mit ihnen zu verbinden. Es gibt so viele, die in bitterer Armut leben oder unter Verfolgung leiden. Und wir sind aufgerufen, zu teilen: Unsere Aufmerksamkeit, unseren Glauben, unsere finanziellen Mittel. Bei der heutigen Kollekte können wir unseren Teil zu einer besseren Welt beitragen.
Kampf und Kontemplation. Gebet und Solidarität. Beten und kämpfen. Wer betet, ist nicht dumm. Wer sich für den Frieden einsetzt, ist nicht naiv. Wer aus einem betenden Glauben heraus handelt, der verändert die Welt.
Jakob Bürgler
[1] Vgl. William A. Barry, „Jesuit Spirituality for the whole life“, in Studies in the Spirituality of Jesuits, 35/1, Jan 2003.
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Datum: 19.10.2025
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