Der Mehrwert des Dankens

Was zeichnet den Samariter aus, der im heutigen Sonntagsevangelium zu Jesus zurückkehrt und ihm dankt? Kleine Impulse von Unipfarrer Jakob Bürgler zum "gesunden, erinnern und danken" findest du hier.

28. Sonntag im Jahreskreis

12. Oktober 2025

 

Zehn Leute haben ein fürchterliches Schicksal. Sie sind krank. Sie leiden unter „Aussatz“, einer fürchterlichen Krankheit, die extrem ansteckend ist und die alle, die betroffen sind, in die Verbannung treibt. Der Aussatz macht Körper und Seele kaputt. Sie begegnen Jesus. Und auf dem Weg zu den Priestern werden sie heil. Endlich beginnt für sie wieder das Leben! Und in der Lesung haben wir gehört, dass Naaman, ein General aus Damaskus, geheilt wird. Auch vom Aussatz. Auch er: Hilflos ausgeliefert dieser fürchterlichen Krankheit. Er taucht sieben Mal in den Jordan unter – und kommt wieder zum Leben.

Zwei eindrückliche Geschichten. Vielleicht für unser Weltverständnis und unseren Zugang zu Wissenschaft und Medizin etwas eigenartig. Was passiert da? Sind es tatsächlich Wunder, von denen da berichtet wird? Was will uns die Heilige Schrift sagen? Dazu drei kleine Impulse zum Mitnehmen und Weiterdenken, verbunden mit drei Worten: Gesunden. Erinnern. Danken.

Gesunden

Der Syrer und die zehn Menschen sind krank. Ihr Leben ist belastet. Sie leiden an Leib und Seele. Die Frage treibt sie um: Wie können wir wieder gesund werden?

Wir wissen alle: Wie hoch der Wert von Gesundheit ist, merkt man erst, wenn sie einmal nicht mehr da ist, oder wenn sie mangelhaft ist. Wer krank ist, wer ein körperliches oder seelisches Leiden hat, der merkt, was er verloren hat, was ihm fehlt. Gesundheit gehört zu den ganz wichtigen Aspekten des Lebens.

Krankheiten schränken uns ein. Sie nehmen uns manchmal sogar die Freude am Leben. Die Belastungen der Seele, die Krankheiten rund um die Psyche des Menschen, nehmen deutlich zu. Schwermut, Angst, Sinnlosigkeit, Antriebslosigkeit, Erschöpfung.

Gott sei Dank kann die Medizin in vielen Situationen helfen, das Leiden lindern und vieles sogar heilen. Aber: Es gibt es eine Dimension im Leben, die von der Medizin nicht erreicht werden kann: Die innerste Mitte des Menschen. Wenn diese Mitte belastet ist und krank, dann trübt sich alles.

Jeder Mensch sehnt sich danach, zu gesunden. Manchmal am Leib, manchmal an der Seele. Wir alle brauchen Heilung im Leben. Niemand geht durchs Leben ohne Verwundungen. Wie die zehn Leute kommen wir heute zu Jesus Christus. Er wirkt von innen nach außen. Gott lässt gesunden.

Erinnern

„Wie kommt es, dass viele Menschen all die Ereignisse in ihrem Leben, in denen Gott ihnen zum Greifen nah gewesen ist, verdrängen oder vergessen? Vermutlich hängt es mit dem fehlenden Dank zusammen.“[1] So schreibt der frühere Bischof von Limburg, Franz Kamphaus. Jeder Mensch kennt Situationen und Ereignisse im Leben, die an die Grenze führen, in denen man vor Schreck erstarrt oder in denen man vor Glück fast vergeht. Und immer wieder spüren wir: Gott ist jetzt zum Greifen nahe.

Warum vergessen wir das so schnell? Warum hat das nicht mehr Auswirkung auf unser Leben? Im Deutschen hängen die beiden Worte „danken“ und „denken“ zusammen, wie auch im Englischen: „to thank“ und „to think“. Wer nicht denkt, wird undankbar. Wer nicht dankt, wird vergesslich. Gedankenlosigkeit führt zur Undankbarkeit. Deshalb ist es so wichtig, sich zu erinnern.

„‚Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat‘, heißt es in Psalm 103,2. Vergiss nicht, was du alles an Schönem erlebt hast in deinem Leben.“[2] Vergiss nicht! Wer sich an die besonderen Momente im Leben erinnert, der lebt anders, der wird ein anderer Mensch.

Danken

„Der zeitgenössische Schriftsteller und Lyriker Hans Magnus Enzensberger – ein katholischer Agnostiker, wie er selbst sagt – hat ein Gedicht geschrieben mit dem Titel: ‚Empfänger unbekannt‘. Darin zählt er auf, was ihn dankbar sein lässt… Aber er weiß nicht, wem er danken soll. Der Empfänger des Dankes ist ihm abhandengekommen: ‚Empfänger unbekannt‘.“[3]

Wem dankt ein Mensch, der nicht an Gott glaubt? Sicher den Mitmenschen, den Freunden, der Familie,… Aber wenn es um das Ganze geht, nicht nur um Kleinigkeiten oder alltägliche Dinge, wenn es um das Geheimnis des Lebens geht?

„Wenn man nicht mehr weiß, wem man … danken soll, verflacht das Leben. Was soll der Betreffende sagen? Glück gehabt?“[4] Das Schicksal meint es gut mit mir? Dem Universum sei Dank? Es ist gut, wenn ich weiß, wem ich danken kann, wer der Empfänger meines Dankes ist.

Vom Samariter, der zu Jesus zurückkehrt, heißt es: Er „warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm.“ (Lk 17,16) Dankte ihm. Das griechische Wort, das hier im Text steht, lautet: „eucharistoon“. „Es weißt uns auf die Eucharistie hin. Jeden Sonntag kommen wir zusammen, um Gott Dank zu sagen: ‚Lasset uns danken dem Herrn, unserem Gott …‘, heißt es zur Einleitung der Präfation. Bei allem, was uns heute in Gesellschaft und Kirche bedrängt, ist dies zu sagen: Wir haben Grund zu danken. Das ist der Inhalt unseres Gottesdienstes. Und nicht nur beim Sonntagsgottesdienst ist Danken angesagt. Vielleicht gelingt es ja, an jedem Abend auf den Tag zurückzublicken und nicht nur das Versagen zu registrieren, sondern auch die Lichtblicke wahrzunehmen und Gott dafür zu danken.“[5]

Jakob Bürgler

 

[1] Franz Kamphaus, Den Armen eine frohe Botschaft bringen. Patmos Verlag 2024, 209.

[2] Ebd. 209.

[3] Ebd. 208.

[4] Ebd. 208.

[5] Ebd. 210.

Kategorie:

Datum: 12.10.2025

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