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23. Sonntag im Jahreskreis
7. September 2025
Gestern haben wir in der Jesuitenkirche ein wunderbares Fest gefeiert. Vier junge Ordensleute sind zu Priestern geweiht worden. Es war eine innige, tiefe, persönliche und sehr herzliche Feier. Nachher gab es noch Zeit zu Gespräch und Begegnung. Es waren auch viele junge Leute aus der Universitätspfarre da. Und da sind wir auf das Evangelium des heutigen Sonntags zu sprechen gekommen. Ziemlich heftig und irritierend. „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.“ (Lk 14,26) Und dann noch einmal: „Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.“ (Lk 14,33)
Na, bitte. Da soll noch jemand sagen, dass das eine frohe Botschaft ist. Einer der Studierenden hat das gleich festgestellt: Das ist ja ein Wahnsinn! Das kann doch nicht wahr sein! Beziehungen und Wertschätzung für Menschen sind doch ganz zentral! Und dann noch diese massive Abwertung des Besitzes… Was tun mit diesem Evangelium? „Das Evangelium ist sperrig, anstößig. … Versuchen wir …, die harte Nuss zu knacken und dem Inhalt auf die Spur zu kommen, genauer gesagt: Jesus auf die Spur zu kommen. Er steckt ja dahinter. Es ist sein Wort.“[1] Die harte Nuss knacken.
Wir stolpern über das Wort „gering achten“. „Wer nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, ja sein Leben gering achtet…“ Ist es nicht eindeutige Botschaft der Heiligen Schrift, Vater und Mutter zu ehren, ihnen mit Wertschätzung und Achtung zu begegnen, dankbar zu sein für das Leben, das sie uns geschenkt haben, für sie zu sorgen, wenn sie unsere Hilfe brauchen? Und ist es nicht ebenso klar, dass der Mensch eine unvergleichliche Würde hat, einen ganz großen Wert, eine Bedeutung, die das kleine Würmlein Mensch, das sichtbar ist, weit übersteigt? Wie kann dann Jesus davon reden, dass wir die uns ganz nahen Menschen gering achten sollen, und dazu noch das eigene Leben?
Wer das heutige Evangelium mit den gesamten Aussagen der Bibel zusammenschaut, der muss sagen: Das Leben abzuwerten, es geringzuschätzen, es als unwichtig zu betrachten, kann nicht richtig sein. Das ist nicht das, was Jesus gelebt und verkündet hat. Was aber dann? Was könnte hinter den harten Aussagen Jesu stecken? Was will er herauslocken, provozieren?
Zwei kleine Beispiele: Manchmal fällt mir bei jungen Paaren auf, dass sie sich ganz allein auf sich gegenseitig beziehen. Es ist dann so, als ob es keine anderen Menschen gäbe. Das soziale Netz bricht zusammen. Das ganze Glück wird vom je anderen Partner erwartet. Und wenn dann noch Gott aus dem Blick gerät, wenn Gott als derjenige, der größer ist als der von mir geliebte Mensch, verschwindet, dann bleibt nur mehr, dass ich mein ganzes Glück von einem Menschen erwarte. Und das kann nur „in die Hose gehen“. So gut, so edel, so wunderbar ist kein Mensch.
Es ist für ein gutes gemeinsames Leben notwendig, den je anderen Menschen auch zu „relativieren“, ihn nicht zum Ersatzgott zu machen, nicht alles, auch das Übermenschliche, von ihm zu erwarten. Der Vater, die Mutter, der Ehepartner, das Kind: Sie können nicht alles sein. Sonst geht diesen Menschen die Luft aus.
Und ein zweites Beispiel: Wenn ein junger Mensch aus der Familie herauswächst, eigene Wege geht, Entscheidungen trifft, die vielleicht nicht die ganze Zustimmung der Eltern erhalten, dann ist das ganz normal. Ungut und krankhaft ist es, wenn Eltern ein Kind nicht gehen lassen, nicht loslassen, es bleibend fest und stark an sich binden. Auch hier braucht es eine gewisse Relativierung von Mutter und Vater, von Geschwistern und Kindern. Sonst wird das Leben kaputt.
Auf dem Hintergrund dieser Beispiele will ich nun versuchen, die Aussagen Jesu zu verstehen. Die Antwort auf den Ruf Jesu, mit ihm zu gehen, ihm zu folgen, seinen Weg zu wählen, ihm zu glauben und auf ihn zu vertrauen, ist kein oberflächliches und bedeutungsloses Unterfangen. Da geht es schon um mehr. Will ich es wirklich tun, mit meinem ganzen Herzen? Investiere ist Kraft und Bereitschaft dafür? Wenn ja: Dann muss ich Jesus Christus in den Mittelpunkt setzen. Dann kann ich nicht sagen: Wichtig bist du mir schon, aber es gibt so viele Dinge im Leben, die mir noch wichtiger sind. Dann ist der Hauptorientierungspunkt für mein Leben der Glaube an Jesus. Und deshalb: Die Ursprungsfamilie, auch meine eigenen Wünsche, werden nicht mehr alles bestimmen. Auch nicht der Besitz, der Konsum, das alles Haben-Wollen. Wer sein Leben im Glauben verwurzelt, der wird sagen: „In allem ist etwas zu wenig.“[2] So sehr ich auch mein Leben mit Besitz fülle, es sehr fehlt mir doch etwas zu einem Glück, das wirklich glücklich macht.
Eine harte Nuss, dieses Evangelium. Aber eine Nuss, deren Inhalt nicht unwichtig ist. „Die Nachfolge Jesu hat ihren Preis. Wer nicht ganze Sachen macht, ist wie einer, der einen Turm bauen will, und mit dem Fundament geht ihm das Geld aus; wie ein König, der erst mit markigen Sprüchen auftrumpft und dann feststellt, dass er zu wenig Leute hat. Jesus sagt: Leute, ihr wisst nicht, wohin mein Weg führt. Wollt ihr mir wirklich folgen? Wenn ihr euch mit mir auf den Weg machen wollt, dann lasst alles, was euch hier in der Welt daran hindert, frei zu sein für Gott.“[3]
Jakob Bürgler
[1] Franz Kamphaus, Den Armen eine frohe Botschaft bringen. Patmos 2024, 195.
[2] Ebd. 197.
[3] Ebd. 197.
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Datum: 07.09.2025
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