Kategorien
Christi Himmelfahrt
29. Mai 2025
Meine Gedanken gehen heute zurück zu einer Reise in die Stadt Metz. Natürlich haben wir dabei auch die eindrucksvolle Kathedrale besichtigt. Und besonders beeindruckt hat mich das Portal der Jungfrau, ein Portal aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, mit anschaulichen Darstellungen aus dem Leben Jesu, darunter auch die Himmelfahrt Jesu. Sie ist ganz bibelgetreu in Stein gehauen: Die Jünger schauen auf zu Jesus. Jesus selbst wird ein wenig vom Boden erhoben gezeigt. Sichtbar sind seine Beine und der untere Leib. Sein Oberkörper aber ist von einer Wolke umfangen. Und aus der Wolke schauen nur die beiden Hände heraus.
Für mich ist in dieser Darstellung ein Gedanke wunderbar ausgedrückt. Jesus, der Meister und Herr, ist – obwohl er in den Himmel zurückkehrt – gegenwärtig, anwesend, bei den Seinen. Aber: Er ist es auf eine verborgene Weise. Unsere Augen, unsere Sinne können die gesamte Gestalt Jesu nur erahnen. Sie zeigt sich in den Fußspuren, die Jesus in der Welt hinterlassen hat, und in den Händen, die er uns segnend entgegenstreckt. Sichtbar sind Füße und Hände, alles andere ist verborgen. Das Andere lässt sich nur erahnen. Aber im Erahnen bleibt doch auch die Erfahrung einer Gegenwart. „Verborgene Gegenwart“.
Die Jünger erleben in den Tagen des Leidens und Sterbens Jesu, in den ersten Erfahrungen mit dem Auferstandenen und in seiner Himmelfahrt eine „Zeitenwende“. Ihr Meister und Herr, der Orientierungspunkt ihres Lebens, ist nicht mehr sichtbar bei ihnen. Er ist ihnen genommen. Das, was bisher so selbstverständlich ihr Leben ausgemacht und geprägt hat, ist ganz anders geworden: Die alltägliche, gewohnte Gemeinschaft mit dem Herrn, seine heilsame Gegenwart, der Blick in seine Augen, der Klang seiner Stimme. Für die Jünger geschieht ein fundamentaler Umbruch. Und in diesen Umbruch hinein lernen die Jünger, dass sie dennoch vertrauen dürfen, dass sie nicht zu verzweifeln brauchen, dass mit der Himmelfahrt Jesu nicht alles zu Ende geht und zerbricht. Es beginnt eine neue Zeit, eine neue „Ära“. Es beginnt die Zeit der verborgenen Gegenwart des Herrn.
Vielleicht mag es etwas vermessen klingen, wenn ich die Zeitenwende der Jünger mit unserer Zeit in Verbindung setze. Aber ich möchte es dennoch wagen. Ich denke, wir leben in einer Zeitenwende. Das, was bisher unsere Sicherheit gewesen ist, was uns Geborgenheit und auch Einfluss als Kirche gegeben hat, das zerbricht und verliert seine sichtbare Gestalt. Das christliche Gesicht Europas scheint zu verschwinden, auf alle Fälle wird es schwächer. Die jüngste Entscheidung des Parlaments in Paris ist ein Zeichen dafür. Die christliche Grundprägung der Menschen in unserem Land bekommt kräftige Risse. Wie soll es weitergehen? Wie kann der Glaube überleben? Wie kann der Herr gegenwärtig bleiben und mit dem Leben der heutigen Menschen in Berührung kommen?
Wir leben in einer Zeitenwende. Und da hilft es nichts, sich zu „ducken“ und zu warten, bis das „Unheil“ vorübergeht, bis die „alten Zeiten“ wieder „auferstehen“, bis die Luft des Säkularismus weiterzieht. Der Umbruch, in dem wir stehen, ist ein gründliches Geschehen, ein Geschehen, das Gegenwart und Zukunft prägen wird. Bei einer Tagung in Salzburg hat der Zukunftsforscher Reinhold Popp eine Aussage von Alfred Andersch zitiert: „Die Zukunft wird der Gegenwart viel ähnlicher sein, als wir heute denken; aber die Gegenwart ist schon sehr viel anders, als wir sie heute wahrnehmen.“
Wie die Jünger stehen wir vor einer starken Herausforderung. Und wie sie dürfen und müssen wir heute neu vertrauen lernen. Vertrauen darauf, dass der Herr bei uns ist und bei uns bleiben wird. „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20) „Verborgene Gegenwart“.
Und wie bei den ersten Gefährten und Zeitzeugen Jesu wird es auch bei uns um das Zeugnis gehen. Lukas benennt es im Evangelium wie auch in der Apostelgeschichte. Es geht um die Zeugenschaft im Geist Gottes. „Ihr seid Zeugen dafür.“ (Lk 24,48) „Und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samárien und bis an die Grenzen der Erde.“ (Apg 1,8) Für diese Zeugenschaft werden wir mit dem Geist von oben ausgestattet: „Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird.“ (Apg 1,8)
Das Zweite Vatikanische Konzil hat neu in Erinnerung gerufen, was seit den Tagen der ersten Christen Grundüberzeugung im Glauben war: Alle, die in Taufe und Firmung in den Leib Christi, in die Kirche, eingegliedert sind, sind Zeuginnen und Zeugen des Evangeliums. Allen ist die Zeugenschaft und die Verkündigung aufgetragen. Das Konzil spricht in diesem Zusammenhang vom „gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen“. Zeugenschaft im Geist Gottes: Das ist unser Auftrag in dieser Zeit der Zeitenwende. Mit dem eigenen Leben dem Evangelium und der verborgenen Gegenwart Jesu ein Gesicht geben.
Wie die Jünger versammeln wir uns zum Gebet um den Heiligen Geist und bitten für uns, für die Gemeinschaft der Kirche, für unser Zeugnis die Kraft von oben, den Heiligen Geist.
Jakob Bürgler
Kategorie:
Datum: 29.05.2025
Die Unipfarre Innsbruck ist ein Ort, in dem Begegnung mit Gott, mit Jesus Christus, mit den Mitmenschen und mit sich selbst möglich ist.
In der Unipfarre engagieren sich Studierende. Alle Angebote werden durch Student:innen mitgetragen. "Vielfalt" ist Progamm.
Wir begeben uns mit dir auf die Suche nach dem, was Leben gelingen lässt, Freude bereitet und dich stärkt.
Universitätspfarre Innsbruck
Josef-Hirn-Straße 7 / 5. Stock
A-6020 Innsbruck in Tirol
Österreich
Mit DIR machen wir uns auf die Suche nach dem, was Leben gelingen lässt, was Freude bereitet und DICH stärkt.
Universitätspfarre Innsbruck
ImpressumKontaktDatenschutz