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3. Sonntag der Osterzeit
4. Mai 2025
Eine vertraute Geschichte. Jesus, am frühen Morgen, am Ufer des Sees, beim Feuer. Er wartet. Er lädt die Seinen zum Mahl ein. Er zeigt sich als der Lebende. Nach dem Mahl fragt er Petrus drei Mal, ob er ihn denn wirklich lieb habe.
Das Ganze geschieht in der Morgendämmerung. So langsam wird es hell. So langsam wird der Blick klarer. Und die Dämmerung ist nicht nur in der Natur zu beobachten. Die Dämmerung geschieht auch innerlich. Den Jüngern „dämmert“ langsam, dass sie trotz aller Anstrengung, trotz aller Mühe, trotz aller Fachkenntnis, nichts zusammenbringen. Dass die Netze leer bleiben. Dass einem Weg ohne ihren Meister kein Glück beschieden ist. Keine Erfüllung.
Spannend finde ich die Art, mit der Jesus auf die Jünger zugeht. Kein Vorwurf. Keine Schelte. Kein Herumreiten auf dem, was sie falsch gemacht haben. Und da hätte es wahrlich einiges zu sagen gegeben. Nein, Jesus stellt Fragen. Und es sind die Fragen, die ihnen helfen, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie wirklich ist, und weiterzugehen, weiterzukommen, einen neuen Schritt zu tun, wieder anfangen zu können.
„Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen?‘“ (Joh 21,5) Eigentlich sieht er das ja. Kein Fisch weit und breit. Aber Jesus fragt die Jünger trotzdem. Er fragt sie nicht, um sie zu ärgern, um sie zu beschämen, oder um sie kleinzumachen. Er fragt sie wie einer, der ihnen mit Liebe und Zuneigung begegnet, wie einer, der liebt.
Nur so kann die Wahrheit ans Licht kommen. Nur so können die Jünger sich eingestehen, dass alles umsonst ist. Wenn jemand von oben herab fragt, wenn jemand besserwisserisch fragt, wenn jemand den anderen klein macht, dann wird sich jeder hüten, die Wahrheit zu sagen. „Wann immer Gott in der Bibel dem Menschen Fragen stellt, ist es eine Aufforderung, nicht länger der Wahrheit über sich selbst auszuweichen.“[1]
Wörtlich übersetzt heißt die Frage: „Kindlein, habt ihr nicht etwas Fisch?“ (Joh 21,5) Kindlein – ein für uns ungewohntes Wort. Hier allerdings ein Wort, dass eine große Zärtlichkeit und Zuneigung ausdrückt. Um die „Wahrheit zulassen und aussprechen zu können, baucht es Vertrauen, braucht es eine Beziehung, vor der man sich nicht schämen muss, und eine Anrede, die nicht demütigt. Die Anrede Jesu ‚Kindlein‘ vermittelt eine Nähe und Ernsthaftigkeit, die das Herz der Jünger erreicht und es ihnen ermöglicht, wahrhaftig zu sein.“[2]
Die Bibel erzählt immer wieder von Fragen, die an die Menschen gestellt werden. Und diese Fragen öffnen einen Weg zur inneren Erkenntnis, zur Wirklichkeit, wie sie wirklich ist, zu tieferem Verstehen, und zu einem neuen Schritt, der weiterführt.
Gott fragt den Adam, nach dem Sündenfall, im Paradies: „Adam, wo bist du?“ Gott fragt den Kain nach dem Mord: „Kain, wo ist dein Bruder Abel?“ Jesus fragt die Jünger des Johannes, die ihm folgen wollen: „Was sucht ihr?“ Jesus fragt Maria von Magdala, die am offenen Grab weint: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“ Jesus fragt die Emmausjünger auf ihrem Weg: „Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“
Fragen öffnen einen Horizont, einen Horizont, auf dem der andere oder die andere etwas erkennen, durchschauen, verstehen kann. Und das natürlich nur dann, wenn diese Fragen in Liebe, in innerer Aufmerksamkeit, in Zuneigung gestellt werden. Nicht als Anklage oder Vorwurf. So auch hier. Jesus, der Auferstandene, baut seine Frage auf eine Beziehung auf, die er zu den Seinen hat. Er baut auf das Vertrauen, das zwischen ihnen besteht.
Und dann: Jesus fragt Petrus, ob er ihn liebe. Ob er ihn mehr liebe als die anderen. Wieder eine Frage. Und die Frage kann zerstörerisch sein, wenn sie nicht in Zuneigung gestellt wird. So nach dem Motto: Du, Petrus, du hast mich verleugnet? Wo war denn deine Liebe? Willst du wirklich behaupten, dass du mich liebst? Nein, Jesus fragt den Petrus mit einem liebenden Herzen. Und deshalb, nur deshalb, kann Petrus traurig werden – und nicht trotzig – traurig, und anerkennen, dass er Jesus fürchterlich weh getan hat. Drei Mal am Kohlenfeuer. Ich kenne ihn nicht.
Liebst du mich? Die Liebe des Petrus wird zu einem inneren Feuer, das sein ganzes weiteres Leben erfüllt. Ein Feuer, das ihn sogar in den Tod gehen lässt für diesen seinen Meister und Herrn Jesus.
Wir wechseln in unsere Zeit. Zu dir und zu mir. Zu uns. Was fragt Jesus uns? Dich und mich?
Jakob Bürgler
[1] Peter Köster SJ, aus: Ders., Lebensorientierung am Johannes-Evangelium. Eine geistliche Auslegung auf fachexegetischer Grundlage, 219-220. EOS Verlag, St. Ottilien 2013.
[2] Ebd.
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Datum: 04.05.2025
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