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1. Fastensonntag
9. März 2025
Jesuitenkirche
„Er [Jesus] wurde vom Geist in der Wüste herumgeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht.“ (Lk 4,1) Immer, wenn die Bibel vom Teufel spricht, schütteln viele den Kopf. Das ist doch von vorgestern! Wie kann man heute noch vom Teufel sprechen? Wie so eine Dummheit glauben? Den Teufel gibt es nicht. Für einen aufgeklärten Menschen ist die Rede vom Teufel tatsächlich ein Problem.
Szenenwechsel. Am vergangenen Donnerstag hat die jährliche „Christoph Probst Lecture“ stattgefunden. Sie wird vom Institut für Zeitgeschichte organisiert und erinnert an den jungen Medizinstudenten Christoph Probst, der gemeinsam mit Hans und Sophie Scholl zur „Weißen Rose“ gehört hat und sich dem Widerstand gegen das NS-Regime verschrieben hat. Er wurde am 22. Februar 1943, zusammen mit Hans und Sophie Scholl, durch das Fallbeil hingerichtet.
Heuer war als Referentin Irina Scherbakowa eingeladen. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern der Menschenrechtsorganisation „Memorial“. Diese Organisation setzt sich vor allem für die historische Aufarbeitung der politischen Gewaltherrschaft in der Sowjetunion und im Kampf für Menschenrechte ein. „Memorial“ wurde 2022 in Russland behördlich aufgelöst, im gleichen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Irina Scherbakowa hat ein düsteres und zutiefst verstörendes Bild von der Stalinzeit gezeichnet. Und die Parallelen zum – von ihr so genannten – „Putinismus“ waren erschreckend. Dazu die Entwicklungen, die sich derzeit in den USA zutragen. Man hat den Eindruck, dass die Welt in den Fängen zweier oder mehrerer Egomanen gefangen ist und alles, was nicht dem je eigenen Willen entspricht, ausradiert werden soll. Man weiß nicht mehr, was man glauben kann. „Fake News“ stehen an der Tagesordnung. Meinungsfreiheit wird eingeschränkt oder abgeschafft. Es gilt nur mehr das, was von einigen zur Wahrheit erklärt wird. Und es wird drauflosgelogen, was das Zeug hält.
Im Johannesevangelium wird der Teufel als „Vater der Lüge“ beschrieben: „Und er steht nicht in der Wahrheit; … denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge.“ (Joh 8,44) Und dazu kommt das Leid so vieler Menschen, das durch andere Menschen verursacht wurde und wird. Für die Leidenden ist das Böse sehr real. Lüge und „mit Absicht anderen schaden“: Das ist es, was sich hinter dem Teufel verbirgt, was wir teuflisch nennen. Und auf einmal werden der Teufel oder die teuflische Welt ganz real.
Wie hat Christoph Probst in der teuflischen Vernebelung seiner Zeit gehandelt? Er hat sich nicht mit Oberflächlichkeiten zufrieden gegeben. Er hat nach den Wurzeln im Leben gesucht, nach dem, was wirklich zählt, was wahr ist. Als äußerst liebesfähiger und mitfühlender Mensch hat er von Anfang an unter der Tyrannei und Verlogenheit des Dritten Reiches gelitten. Er hat die Lüge durchschaut, die Erniedrigung des Menschen. Im Blick auf die Euthanasie-Programme hat er empört gesagt: „Wenn keiner etwas tut, dann tue ich was!“
Christoph Probst hat in seiner Innsbrucker Zeit an den Bibelabenden der Hochschulseelsorge teilgenommen. Er war nicht getauft, hat sich aber mehr und mehr dem Kern der christlichen Botschaft angenähert und im Studium christlicher Schriftsteller den Schatz des Glaubens entdeckt.
An seinen Halbbruder Dieter schreibt er kurz vor Weihnachten 1942: „Es kommt auf das Leben jedes Einzelnen an, jeder Mensch ist Gott lieb, er will aber auch von jedem geliebt werden, denn die Liebe ist die Kraft der Welt, die alles Leben erzeugt, behütet und zur Seligkeit führt, die Kraft, die Welten geschaffen hat. Du siehst ja, wie weit man es durch den Hass bringt und gebracht hat: Zerstörung, Blut und Tod, auch wird nichts Bleibendes und Gutes daraus. Was hat die Liebe dagegen geschaffen? Auf ihr ruhen Kulturen, Dome wuchsen aus ihrem Schoß, sie ist das Band von Mensch zu Mensch, das alle Freude des Lebens erst möglich macht, denn was wäre der Mensch alleine? Die Liebe war von Anbeginn der Welt an da, denn ein Gott hat ja die Welt erschaffen.“[1]
Und am 22. Februar 1943, kurz vor seiner Hinrichtung, schreibt er im Abschiedsbrief an seine Mutter: „Ich danke Dir, dass Du mir das Leben gegeben hast. Wenn ich es recht bedenke, so war es ein einziger Weg zu Gott … Eben erfahre ich, dass ich nur noch eine Stunde Zeit habe. Ich werde jetzt die heilige Taufe und die heilige Kommunion empfangen …“ Von den Geschwistern Scholl verabschiedete er sich unmittelbar vor der Hinrichtung mit den Worten: ‚In wenigen Minuten sehen wir uns in der Ewigkeit wieder!‘“[2]
Christoph Probst hat die teuflische List und das abgrundtief Böse durchschaut. Auch dank seiner feinfühligen Menschlichkeit und seiner Annäherung an das Christentum. Und damit ist er sehr aktuell. Es gibt einige Fragen, die uns umtreiben: Wie heute in einer sehr bedrängenden Weltlage mit so vielen bedrohlichen Szenarien die innere Klarheit finden und erhalten? Wie heute der Wahrheit und der Menschenwürde zu ihrem Recht verhelfen? Wie heute den bösen Strategen und Influencern nicht auf den Leim gehen?
Noch einmal ein Szenenwechsel. Wir schauen auf Jesus und auf das, was er tut. Er erlebt die Verwirrung und die Bedrohlichkeit hautnah. Er könnte reich sein, mächtig, hoch geehrt. Angebetet sogar vom Teufel. Und der Teufel agiert sehr fromm. Er zitiert sogar aus der Bibel. Aber Jesus durchschaut das alles. Er beruft sich auf das, was Gott will, was die Heilige Schrift wirklich sagt. Und er wird frei. Sein Blick ist klar. Er wählt die Wahrheit und damit das, was den Menschen zum Menschen macht.
Jakob Bürgler
[1] ÖKUM. Bischöfliches Schulamt der Diözese Innsbruck und Kirchliche Pädagogische Hochschule Edith Stein. Ausgabe 03. September 2023, 9.
[2] Ebd. 5.
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Datum: 09.03.2025
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