Die teuflische List

Die Heilige Schrift erzählt, dass Jesus in der Wüste vom Teufel versucht wird. Wie aktuell dieser Text ist, erschließt Propst Jakob Bürgler in seiner Predigt.

1. Fastensonntag

9. März 2025

Dom zu St. Jakob

 

„Er [Jesus] wurde vom Geist in der Wüste herumgeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht.“ (Lk 4,1) Immer, wenn die Bibel vom Teufel spricht, schütteln viele den Kopf. Das ist doch von vorgestern! Wie kann man heute noch vom Teufel sprechen? Wie so eine Dummheit glauben? Den Teufel gibt es nicht. Für einen aufgeklärten Menschen ist die Rede vom Teufel tatsächlich ein Problem.

Szenenwechsel. Am vergangenen Donnerstag hat an der Theologischen Fakultät die jährliche „Christoph Probst Lecture“ stattgefunden. Diese Veranstaltung erinnert an den jungen Medizinstudenten Christoph Probst, der gemeinsam mit Hans und Sophie Scholl zur „Weißen Rose“ gehört hat und sich dem Widerstand gegen das NS-Regime verschrieben hat. Er wurde am 22. Februar 1943, zusammen mit Hans und Sophie Scholl, durch das Fallbeil hingerichtet.

Irina Scherbakowa, die Referentin, sie ist Gründungsmitglied der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“, hat dabei ein düsteres und zutiefst verstörendes Bild von der Stalinzeit gezeichnet. Und die Parallelen zum – von ihr so genannten – „Putinismus“ waren erschreckend. Dazu die Entwicklungen, die sich derzeit in den USA zutragen. Man hat den Eindruck, dass die Welt in den Fängen zweier oder mehrerer Egomanen gefangen ist und alles, was nicht dem je eigenen Willen entspricht, ausradiert werden soll. Man weiß nicht mehr, was man glauben kann. „Fake News“ stehen an der Tagesordnung. Meinungsfreiheit wird eingeschränkt oder abgeschafft. Es gilt nur mehr das, was zur Wahrheit erklärt wird. Und es wird drauflosgelogen, was das Zeug hält. Im Johannesevangelium wird der Teufel als „Vater der Lüge“ beschrieben: „Und er steht nicht in der Wahrheit; … denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge.“ (Joh 8,44) Und auf einmal werden der Teufel oder die teuflische Welt ganz real.

Zurück zum Bericht des heutigen Evangeliums. Was sind die Punkte, die Fragen, die Grundhaltungen, in denen sich der Teufel zeigt? Wo packt er an? Wo will er das Leben kaputt machen?

Zuerst wird vom Stein und vom Brot erzählt. Jesus ist nach 40 Tagen extrem hungrig. Er hat nichts, was ihn sättigen könnte. Er ist arm. Und auf einmal wäre es möglich, den ganzen Hunger „wegzuzaubern“ und dazu die Armut. Mit einem Schlag könnte Jesus total reich sein. Reich an Brot und reich an allem, was das Leben zum Paradies macht, zum Schlaraffenland. Man hat alles, man gönnt sich alles, man schöpft aus dem Vollen, man genießt über jedes gute Maß hinaus, man blendet die Not und die Bedürfnisse der anderen, der Armen, vollkommen aus.

Die Antwort Jesu: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ (Lk 4,4) So sehr ein abgesichertes und halbwegs sicheres Leben gut ist: Ein Mehr an Reichtum macht das Leben nicht reicher und nicht schöner. Reichtum lässt das soziale Gespür sterben. Das kann man jederzeit beobachten, bei den Superreichen in Ost und West wie auch bei uns. Reichtum ist ein Einfallstor für den Teufel.

Dann kommt der Blick auf alle Reiche der Erde, in einem Augenblick. Alle Macht über alle Reiche wird Jesus versprochen, wenn er sich mit dem Teufel einlässt, wenn er mit ihm krumme Dinge dreht, wenn er den Teufel anbetet. Das ist die Versuchung zur Macht. „Jesus wird versucht, sich als politischer Messias zu verstehen. In dieser Versuchung steht auch die Kirche, wie die Geschichte nur allzu deutlich zeigt. Wie oft hat sie sich von der politischen Macht missbrauchen lassen: der Kniefall vor den Herren und Herrschaften dieser Welt!“[1]

Ungezügelte Macht korrumpiert. Die Macht kann einen Menschen verderben und moralisch in den Abgrund treiben. Auch da genügt ein Blick in die aktuelle politische Situation. Wenn jemand nach Macht giert, dann gibt es keine moralischen Grenzen mehr. Dann wird alles dieser Macht geopfert. Und das Bedürfnis nach Macht wird grenzenlos. Nur wer diesem Streben nach Macht widersteht, der bleibt innerlich frei. „Es gibt eine Freiheit, die einzig aus dem Glauben kommt, dass Gott allein die Macht gebührt.“[2] Man muss es so sagen: Die Macht ist ein Einfallstor für den Teufel.

Und zu guter Letzt wird noch von der Versuchung Jesu erzählt, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen. Das würde Bewunderung auslösen! Staunen, Verehrung! Es ist die Versuchung zur Ehre.

Und jetzt wird es auf einmal fromm. Der Teufel argumentiert mit dem Wort Gottes, mit der Bibel. Er zitiert die Bibel. „Denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ (Lk 4,10-11) Das bedeutet: Frömmigkeit allein schützt vor dem Teufel nicht. Wer besonders fromm tut und sich in eine selbstgerechte Blase zurückzieht, der ist nicht gefeit, in die Irre zu gehen. „Wen der Teufel nicht verführen kann zur Sünde, den verführt er zur Übertreibung des Guten“, sagt Teresa von Avila. Auch hier: Die gesuchte Ehre ist ein Einfallstor für den Teufel.

Es sind drei Punkte, wo der Mensch „anpackbar“ ist: Beim Reichtum, bei der Macht, bei seiner Ehre. Deshalb: Nütze die Fastenzeit als eine Zeit der Übung, eine Zeit der Einübung. Übe, bescheiden zu sein, demütig, ehrlich.

 

Jakob Bürgler

 

[1] Franz Kamphaus, Den Armen eine frohe Botschaft bringen. Patmos 2024, 64.

[2] Ebd. 64.

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Datum: 09.03.2025

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